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Veröffentlicht in In Eigener Sache am 25.02.2021 von Doris Reinholz

Unsere Mission - wie festiware entstand und wo wir hinwollen. Ein Interview mit dem Begründer

Wie kam es eigentlich zur Idee von festiware? Was sind die Beweggründe für dieses Projekt? Andreas Kosmowicz, der Begründer von festiware spricht hier über seine Vision, die damit verbundenen Herausforderungen – und welche Chancen er für die Eventbranche durch den Corona-Lockdown sieht.

Red.: Andreas, wie bist du auf die Idee gekommen, eine Festival Management Software zu entwickeln?

Andreas: Ich bin selbst seit Jahren Veranstalter verschiedenster Events und hab bei den ganzen Prozessen festgestellt, dass es sehr viel Bedarf gibt, diese zu automatisieren und zu vereinfachen. Die vielfältigen Aufgaben, die eine Event-Organisation zu bewältigen hatte, waren überhaupt nicht zu einem vertretbaren Aufwand zu schaffen.

Beim Ancient Trance Festival z.B. müssen wir jedes Festivaljahr um die 500 Helfer koordinieren, dafür entwickeln wir seit 2012 ein elektronisches System. Unser Team hat das sehr gut aufgenommen, so dass auch andere Bereiche digitalisiert und Vorgänge mehr und mehr strukturiert wurden.

Das Feedback darüber war durchweg positiv, viele Stellen konnten nun besser organisiert werden. Deshalb fiel irgendwann dann auch der Entschluss, festiware zu entwickeln, um diese Möglichkeit so vielen Teams wie möglich zu bieten.

Red.: Wie hatten es denn bisher andere Festivals gelöst?

Andreas: Bei vielen lief es einfach sehr rudimentär, manche bereiten sich auch besser auf die heiße Phase vor, aber hauptsächlich wurde halt mit standardisierten Excel-Tabellen und Google-Documents gearbeitet. Viel mehr gab es da oftmals nicht.

Bei festiware können z.B. Gästelisten automatisiert werden, Händler können sich noch schnell Tickets für ihre Mitarbeiter hinzu buchen und sämtliche Auswahlprozesse werden transparent auf einer Plattform geführt.

Andreas Kosmowicz, Gründer von festiware

Red.: Gibt es noch andere Anbieter, die etwas ähnliches auf den Markt gebracht haben?

Andreas: Speziell für Festivals und ähnliche Großveranstaltungen gibt es lediglich Anbieter auf dem englischsprachigen Markt, die auch verhältnismäßig teuer sind. Wir sind die ersten in Deutschland, die sich auf die Organisation von Festivals spezialisieren. Bei den Recherchen am Markt haben wir festgestellt, dass einige spezielle Insellösungen haben, der Produktlebenszyklus ist hier aber relativ kurz. Wir wollen, dass unsere Kunden Geld und Zeit sparen und dafür zusätzliche Funktionalitäten erhalten. Dadurch wiederum bleibt ihnen dann effektiv mehr Zeit, das eigene Festival auch zu genießen.

Red.: Wenn da jetzt ein junges engagiertes Team kommt und noch nie ein Festivals geplant hat, wie könnt ihr dieses unterstützen?

Andreas: Einerseits geben wir ihnen einen fertigen Werkzeugkasten und praxiserprobte Vorschläge, wie sie diesen benutzen können, zum Beispiel, wie man Vereinbarungen mit Händlern trifft und diese festhält. Außerdem erhalten sie Zugang zu unserem Netzwerk diverser Händler und Dienstleister. Darüber hinaus möchten wir gerade die jungen Leute über unseren Blog informieren, wie bestimmte Gruppenprozesse konstruktiv umgesetzt werden können und wie man sich als Team gut organisiert. Wir versprechen hier kein Mentoring, aber wir möchten einfach unsere Erfahrungen weitergeben und da unterstützen, wo’s gerade gebraucht wird.

Red.: Jetzt hast du „Netzwerk“ erwähnt. Was genau meinst du damit?

Andreas: Einerseits meine ich damit einfach unsere vielen Kontakte, die über die Zeit gesammelt wurden. Speziell meine ich damit aber auch unsere Community-Plattform „festinet“. Hier können sich Mitmischende rund um die Eventbranche vernetzen. Vom Tontechniker über Infrastrukturdienstleister, Markthändler, etc. Wir schauen sehr genau, welche Leute wir in dieses Netzwerk aufnehmen, um nicht einfach irgendwen miteinander zu vernetzen, sondern das Netzwerk auf speziellen Werten und einer bestimmten Qualität aufzubauen. Dazu gehören vor allem Werte von Transparenz und Nachhaltigkeit, sowohl im Sinne von Umweltschutz als auch im Sinne von nachhaltigem sozialen Miteinander.

Red.: Stichwort Corona: Die Kassen vieler Veranstalter sind gerade mehr als erschöpft. Welche Finanzierungskonzepte bietet ihr an?

Andreas: festiware ist ein sehr ambitioniertes Projekt, hauptsächlich haben wir es komplett aus der eigenen Tasche bezahlt. Der Blog wurde uns dankenswerterweise vom Mittelsächsischen Mitmachfond mitfinanziert, so dass die redaktionelle Arbeit hierfür auch entlohnt werden kann.

Unsere Priorität ist es, die Community zu stärken und zu unterstützen. Da wir nicht alleine von diesem Projekt leben, ist es uns auch möglich, diese Priorität zu setzen. Für Newcomer-Festivals bieten wir günstigere Konditionen an und unterstützen sie dabei, Förderungen zu bekommen. Wir möchten nicht, dass Festivals durch unsere Software teurer werden, sondern dass Aufwand gespart wird, was wiederum Personal und Zeit einspart, so dass die Qualität an einer anderen Stelle steigen kann. Bei festiware gibt es zwei Preismodelle – „Umsatzbasiert“ und „Personenbasiert“. Bei beiden liegt der Grundpreis bei 1.500 Euro. Beim umsatzbasierten Preismodell erhältst Du die 1.500 Euro als Guthaben für die fällige Provision zu deinen Ticketeinnahmen. Beim personenbasiertenn Preismodell verkaufst Du Deine Tickets nicht über festiware und ehältst stattessen ein Kontingent von Personen, die Du über das Tool akkreditieren kannst. Hier fängt es bei 1.500 Euro an, was Dir erlaubt, 500 Personen – z.B. Künstler, Dienstleister und Helfer zu akkreditieren. Wir wollen das Risiko seitens des Veranstalters gering halten, wissen jedoch auch um den enormen Mehrwert unserer integrierten Lösung – die es zum Ticketverkauf quasi on top gibt.

Red.: Was ist dein persönlicher Wunsch, wie sich die Festivalbranche verändern soll?

Andreas: Ich hoffe, dass der Idealismus bleibt. Die Menschen werden immer Lust haben sich zu treffen, Kultur zu erleben und aktiv zu kulturellem Leben beizutragen, wir sind soziale Wesen. Ich hoffe, dass die Veranstaltungsbranche sich erholt und besonders wieder mehrere kleine publikumsnahe Veranstaltungen stattfinden. Denn dort, wo Werte, wie Gemeinschaft und Nachhaltigkeit wieder bewusster gelebt werden, dienen Veranstaltungen nicht nur der reinen Unterhaltung, sondern bieten einen insgesamten Mehrwert für unsere gesamte Gesellschaft.

Corona zwingt viele Menschen dazu, sich wirklich ernsthaft zu fragen, was sie wollen und dadurch auch wieder selbst mehr die Initiative zu ergreifen. Natürlich werden auch reine Konsum-Veranstaltungen von großen Event-Riesen wieder stattfinden. Allerdings werden diese wahrscheinlich teurer werden, da die Budgets gerade immer weiter schrumpfen. Die von Idealismus geprägte Subkultur, welche wir unterstützen möchten, war schon immer ein riesiger kreativer Thinktank, dem es, wie uns es nie ausschließlich ums Geld geht. Nur weil gerade ein Virus die Welt beherrscht, werden wir unsere Kreativität nicht schmälern, sondern gerade deshalb noch mehr aus ihr schöpfen. Was ich von anderen Veranstaltern so höre ist, dass viele einfach Lust haben, was zu organisieren und man noch enger beieinander steht, sich gegenseitig hilft und eine größere Vernetzungswelle entsteht.

Red.: Die Richtlinien für Hygiene auf Veranstaltungen ändern sich gerade ständig, wie könnt ihr da mitgehen?

Andreas: Klar ist das herausfordernd. Wir haben das gerade so gelöst, dass es auch möglich ist, personalisierte Tickets anzubieten, also eine digitale Einlasskontrolle in Form von NFC-Tags auf den Armbändern zu machen. Außerdem wird so die Kontaktverfolgung erleichtert.

Red.: Macht es auch Sinn, festiware für digitale Events zu benutzen?

Andreas: festiware ist primär auf analog stattfindende Veranstaltungen ausgerichtet, deshalb macht es nur teilweise Sinn, die Software für digitale Events zu nutzen. Wir wollen das Tool nicht mit Features erschlagen, uns ist es wichtiger, dass es bestmöglich der Sache dient, für was festiware auch gedacht ist: richtig gute analoge Events zu organisieren. Für digitale Events gibt’s bei uns aber noch andere Lösungen. Zusammen mit dem 3000Grad Festival haben wir z.B. ein Streaming-Portal ins Leben gerufen, worüber letztes Jahr das Festival komplett gestreamt werden konnte.

Red.: Dein Schlusswort. Was möchtest du unseren Lesern noch mitgeben?

Andreas: Mir ist es wichtig, nochmal zu betonen, dass wir nicht einfach nur Dienstleister, sondern Teil dieser Gemeinschaft sind, deren Herz für nachhaltige Festivals schlägt, wo noch echte Begegnungsräume geschaffen werden. Das ist ein Idealismus, den wir mit festiware fördern möchten. Wir sind uns um die Anliegen und Belange bewusst und möchten diese wertschätzen. Wir wachsen zusammen mit der Branche. Wenn ihr Fragen habt, das ganze einfach mal ganz unverbindlich ausprobieren wollt oder auch Input geben möchtet, sprecht uns einfach an. Egal, ob es um das Produkt selbst geht, die Finanzierung oder die konkrete Umsetzung eurer Veranstaltungsidee.

Vielen Dank Andreas für das Interview. An dieser Stelle möchten wir uns auch beim Mittelsächsischen Mitmachfonds bedanken, der diesen Blog mitfinanziert hat. Das Interview wurde geführt von Doris Reinholz, Redaktion festiware.

Veröffentlicht in In Eigener Sache am 25.02.2021 von Doris Reinholz